Besichtigung Umbau-/Sanierung Altes Gericht + Innenhof
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Anmeldung unter info[at]waz-wiesbaden[dot]de
Das Projekt wird erläutert von:
Dipl. Ing. Architekt BDA Roland Effgen
Kissler Effgen + Partner Architekten BDA
Dipl. Ing. Architekt BDA Hagen-H. Hoffmann
Kissler Effgen + Partner Architekten BDA
Dominik Hofmann
Heimathafen GmbH
Historisches Ambiente trifft Innovation
Durch die Umnutzung und Sanierung des Alten Gerichts sowie dem angrenzenden Beamtenwohnhaus in der Wiesbadener Innenstadt entsteht ein attraktives Nutzungskonzept mit 48 Wohneinheiten, Gewerbeflächen und Coworking Space. Nach dem Umzug der Justizbehörden in die Mainzer Straße galt es ein Konzept für den gesamten Block zwischen Oranien-/ und Moritzstraße zu entwickeln. Ausgehend von der Ansiedlung der Hochschule Fresenius war die Schaffung von neuem Wohnraum sowie eine Aufwertung des Wohnumfelds oberstes Ziel. Das Gesamtprojekt ist Teil einer Entwicklung der südlichen Innenstadt Wiesbadens und basiert auf einer Machbarkeitsstudie von Kissler Effgen + Partner Architekten aus dem Jahr 2015 welche studentisches Wohnen in unmittelbarer Nähe der Hochschule Fresenius und eine Umnutzung des Gerichtsgebäudes zu Wohnzwecken mit teilweise halböffentlicher Nutzung zum Gegenstand hatte. Bausteine waren neben dem Alten Gericht mit Beamtenwohnhaus, ein Studentenwohnheim mit 109 Apartments sowie eine Quartiersgarage mit 97 KFZ-Stellplätzen. Diese Stadtbausteine gruppieren sich an den Blockrändern um einen gemeinsam gestalteten Innenhof, der als Hochschulcampus wahrgenommen wird und öffentlich zugänglich ist. Mit der neuen Quartiersgarage entspannt sich der Parkplatzdruck im unmittelbaren Umfeld. So kann jetzt durch die Stadt Wiesbaden die Umgestaltung der Gerichtsstraße zur Fußgängerzone und die Aufwertung der öffentlichen Räume entlang der Moritzstraße entwickelt und umgesetzt werden.
Wohnen und Arbeiten im Alten Gericht
Das zusätzliche Wohnraumangebot im Alten Gericht stärkt den urbanen Charakter des Quartiers. Insgesamt entstehen 48 Mietwohnungen, die durch den Bauherrn und Eigentümer verwaltet werden. Die Wohnungen haben eine Größe von ca. 42 qm bis zu 110 qm. Insgesamt wird durch Umbau und Sanierung des Alten Gerichts eine zusätzliche Wohnfläche von rund 3.800 Quadratmetern geschaffen. Das Wohnraumangebot richtet sich an alle Altersgruppen in allen Lebensphasen, an Singles, junge Familien oder Menschen im Seniorenalter. Damit reagiert das neue Angebot auf die Defizite im bestehenden Wohnumfeld. Dort fehlte es insbesondere an kleinen Wohnungen, beispielsweise für Angehörige der Hochschule, aber auch an Wohnungen für Zwei- bis Vier-Personenhaushalte. Aber nicht nur das Gelände, sondern auch das ehemalige Justizgebäude selbst wird der Öffentlichkeit weiter zugänglich sein. Neben den dort neu entstehenden Wohnungen gibt es im Gebäude den „Heimathafen“ mit einem öffentlichen Café, einem Co-working-space, Büros für Kreative und Gründer*innen, Konferenz- und Eventräumen sowie einem Labor für soziale Innovation. Dieser bunte Mix an offenen Angeboten soll das Alte Gericht zu einem Ort “von Vielen für Viele” machen.
Was ist der Heimathafen ?
Der Heimathafen ist (Social) Business, das sich für gesellschaftliche und ökonomische Zukunftsfähigkeit einsetzt - in einer Mischung aus Coworking Space, Café, Konferenz- und Eventlocation, Netzwerk und vielem mehr. Mit seinem For-Profit-Arm betreibt der Heimathafen die Location Altes Gericht: Hier gibt es ein gastronomisches Angebot sowie Miet-Räume zum Arbeiten, für Tagungen und Events. Der Non-Profit-Arm des Heimathafens, eine gemeinnützige GmbH, befindet sich in Gründung und wird im Alten Gericht zahlreiche Aktivitäten und Angebote zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement, Kunst und Kultur sowie Volks- und Berufsbildung bieten. Die Raumangebote reichen von einem Gründerzentrum im Erdgeschoss über die “Kulturkatakomben” im Untergeschoss bis zur Wiedereröffnung der “Civilkammer” von 1897 im 1. OG, in der ein Hub für “Open Social Innovation” vorgesehen ist. Auch die Nutzungen rund um den campusartigen Innenhof der nahe gelegenen Hochschule Fresenius wie der Bürgersaal und die öffentliche Mensa, das studentische Wohnen und weitere Co-Working Angebote tragen zur Belebung des direkten Umfelds von Hochschule und Altem Gericht in der südlichen Innenstadt bei. Das Nachbarschafts-Café bietet tagsüber beispielsweise rund 75 Sitzplätze im Gebäude (plus zusätzlich geplante 75 Sitzplätze Im Innenhof) und kann abends zur Eventlocation für kulturelle Events oder private Feiern umgewandelt werden.
Sanierung und Umnutzung des denkmalgeschützten Alten Gerichts
Das ehemalige Justizgebäude wurde im Zeitraum zwischen 1893 und 1897 errichtet. Der Entwurf im Stil der Frührenaissance mit gotischen Anklängen stammt von Oberbaurat Noht auf Basis von Skizzen des königlichen Regierungsbaumeisters Wickop. Es handelt sich um einen Massivbau in Ziegelbauweise mit Ziegel-Kappendecken. Das Gebäude besteht aus einem Mittelbau mit zwei Seitenflügeln, wobei die Südseite des Grundstücks direkt an das Gefängnisgrundstück anschloss. Auf einem Sockelgeschoss erheben sich drei Hauptgeschosse, die mit einem teilausgebauten Dach abschließen. Die geputzten Fassaden weisen insbesondere zu den Straßenseiten umfangreiche, zum Teil figürlich ausgebildete Schmuckelemente aus rotem Mainstein auf. Als Einzelkulturdenkmal steht das Gebäude sowohl im Inneren als auch in seinem äußeren Erscheinungsbild unter Denkmalschutz. Nach umfassenden restauratorischen Untersuchungen des vorhandenen Materials, Erkundung der historischen Farbgebung und Feststellung des Bauzustandes (Schadenskataster) wurden in Abstimmung mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde die zu erhaltenden Bauteile festgelegt. Ziel der Sanierung und Modernisierung des Gerichts war ein möglichst vollständiger Erhalt der bestehenden Substanz. So wurden unter anderem die kompletten Natursteinarbeiten im Inneren (Terrazzoböden, historische Treppenanlagen) und an der Fassade (Fenstergesimse, figürlicher Schmuck, Sockelmauerwerk, Ziergiebel) sowie ein Großteil der historischen Eichenfenster und Innentüren aufgearbeitet. Die Dacheindeckung wurde nach historischem Vorbild mit Naturschiefer in „altdeutscher Deckung“ komplett erneuert.
Die in den ehemaligen Gerichtssälen vorhandenen und teilweise durch Umbauten in den 70er Jahren zerstörten Stuckdecken wurden freigelegt und saniert. Neben den denkmalpflegerischen Aspekten, die im Wesentlichen auf einen möglichst großen Erhalt von originaler Bausubstanz abzielt, galt es vor allem den ursprünglichen Charakter des Gebäudes, die Erschließungsstruktur zu erhalten. Dort wo neue Konstruktionen einzubringen waren, wurde die Gestaltung so gewählt, dass Neues als solches sichtbar ist, sich jedoch dem Bestehenden unterordnet. Ein Beispiel dafür ist unter andrem die Wiedererstellung der Ziergiebel an der Ostseite des Gebäudes. Durch die hohe Geschosshöhe erhalten die Wohneinheiten einen besonderen Charakter. Im ersten Hauptgeschoss konnten innerhalb der Wohnungen Emporen als Galerieebene eingebaut werden. Die hohen Fenster (Kastenfenster) sorgen für lichtdurchflutete Räume, das große Raumvolumen und die atmungsaktiven Oberflächen für ein gesundes Raumklima. Die neuen Wohneinheiten sind zudem barrierefrei erschlossen. Während der Planung wurde schnell deutlich, dass nicht alle 116 Räume für eine Wohnnutzung geeignet sind. Insbesondere die sieben ehemaligen Gerichtssäle wurden daher für eine halböffentliche, gewerbliche Nutzung vorgesehen. Diese werden nach der Fertigstellung 2023 wie oben erwähnt als Co-Working-, Seminar- und Eventräume genutzt. Mit der Erneuerung der gesamten Haustechnik, dem Einbau von denkmalgerechten inneren Kastenfenstern sowie einer Dämmebene zu Keller und Dach wird auch der energetische Standard deutlich verbessert. Das Gebäude ist zudem an das Fernwärmenetz der Stadt Wiesbaden angeschossen.
Bauherr
Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Auszeichnungen
Anerkennung im Rahmen des 3.Hessischen Preises für Innovation und Gemeinsinn im Wohnungsbau – Kreativer Umbau im Bestand.
Fotografie
Dietmar Strauß, Besigheim
Baubeginn | Fertigstellung
Ende 2018 | Ende 2022
Wohnfläche | Gewerbefläche
3.803 m² | 1.505 m²